Das Foto ist bei unserer letzten Trainingsstunde entstanden.
Das wäre 12 Wochen zuvor nicht denkbar gewesen!
Ein Kofferraum der auf ist. Boxen die geöffnet sind und dann auch noch beide. Zwei unangeleinte Hunde.... Und beide Hunde achten darauf, was das Frauchen sagt und stürzen nicht kopflos oder sehr lautstark raus ins Freie....
Ein normaler Alltag? Jetzt schon :)
12 Wochen vorher.
Eine neue Kundin rief mich an. Sie hätte zwei völlig unerzogene Hunde. Und das nicht, weil sie irgendwie falsch trainiert hätten - nein - sie sagte ganz frei raus wie es ist, sie und ihr Mann haben schlichtweg nichts gemacht - gar nichts. Sie hatten schon immer Hunde, gerne auch immer Dackel und Terrier und immer hatte es funktioniert. Bis Willi kam. Willi war anders als die anderen. Und vielleicht hat man bei Willi einfach wirklich gar nichts gemacht an Erziehung. Und weil ein unerzogener Hund nicht reicht und einen extrem im Alltag fordert, holten sie sich nach ca. zwei Jahren eine Dackelwelpin hinzu. JA! Ich hatte echt viele Fragezeichen im Kopf :D 1. Dackel und Terrier? 2. Einer ist eine Katastrophe und dann einen Welpen dazu? 3. Eigentlich auch Zeitmangel?
Puh. Ich wollte jedoch keines Wegs verurteilen. Ich wollte verstehen und vor allem helfen. Und fand es ungemein sympathisch, dass die Dame am Telefon so herzlich und erfrischend ehrlich war, viel lachte und ich wirklich ihren Willen gemerkt hatte, etwas verändern zu wollen.
So schickte ich ihr den Anamnesebogen zu und las, dass sie die "Probleme" der Hunde beim Kennenlernen erzählen wird, da es nicht, kurz zu erklären sei.
Aiaiaia. Ok. Gespannt kam ich bei der Familie an. Mich begrüßten zwei sehr distanzlose überdrehte Hunde, die mich beide ansprangen, kläfften, jaulten und gar nicht zur Ruhe kamen. Wir setzten uns hin und es wurde versucht, die Hunde etwas zu beruhigen, was bei Elly der Dackedame etwas besser gelang. Willi hingegen brauchte etwas länger, doch auch er fand dann zumindest ein wenig Ruhe.
Wir besprachen den Bogen und beide erzählten mir, was nicht gut läuft und was die Ziele des Trainings sein sollten.
Beide zerren an der Leine, ob kurze Leine, Schlenderleine oder Schleppleine - immer Chaos und kein Halten. Die Begrüßungssituation habe ich geschildert. Zudem hauen beide im Freilauf gerne mal ab. Willi rastet völlig aus, wenn sein Frauchen putzen möchte. Eine Hysterie bricht bei ihm aus, die kaum zu fassen ist. Sie muss nur die Putzlappen oder den Staubsauger rausholen und zack ist Willi im Durchdreh-Modus. Es werden an der Leine Passanten angekläfft, genauso andere Hunde, er will hinter Autos kläffend hinterher hetzen und eigentlich allem was sich schnell bewegt. Sind sie drin und die Müllabfuhr oder ein LKW fährt vorbei, das Gleiche in der Wohnung. Im Büro ging die Aufzählung weiter und generell wird immer unkontrolliert aus Türen rausgerannt, sobald sie sich öffnen. Hilflose Halter, die nur noch Management betrieben und wie soll ich es sagen, irgendwie "Sklaven" ihrer Hunde geworden sind.
Ich fragte auch, was denn gut läuft. Oder einfacher, was sie an ihren Hunden mögen. Da waren sie sich einig, es sind super Hunde, die liebevoll sind, die willig sind, zu lernen. Ja, das konnte ich unterschreiben. Man merkte, dass es "eigentlich" ganz wundervolle Hunde sind. Vor allem Willi tat mir leid. Sein Körper war so extrem angespannt, er wusste nicht, wohin mit sich und war gefühlt mit all den Aufgaben, von denen er dachte, sie zu haben, überfordert. Und gleichzeitig auch unterfordert, da er ein schlaues Kerlchen ist und gerne etwas lernt :)
Ich fing langsam an und besprach die ersten Schritte. Unter anderem sollte der Staubsauger Tag und Nacht sichtbar sein und ab und an mal den Ort wechseln.
Das Foto bekam ich nach ein paar Tagen :D
Willi freundete sich langsam mit dem Staubsauger an.
Es wurden ihm ein paar Signale beigebracht. Es gab Schnüffelspiele für die Impulskontrolle und die kognitive Auslastung. Ruhe wurde belohnt. Und es wurde ihm Sicherheit gegeben und klar gesagt, was seine Aufgabe ist und was eben nicht. Missverständnisse wurden aus dem Weg geräumt und durch etwas Distanz durfte echte Nähe wachsen. Willi hörte vermehrt zu und ich bekam weitere Ruhe-Bilder, die die Halterin immer staunen ließen.
Und hier der Text zum Bild: "Ich bin gerade megastolz 😊 ich putze das Bad mit den besagten gelben Tüchern und die Tür steht auf, von draußen sind Geräusche zu hören und Willi liegt entspannt und schläft 🙏 wie geil ist das denn!"
Das rechte Bild ist aus dem Büro. Das Fenster war auf und Bauarbeiten fanden statt. Früher undenkbar gewesen.
Nach diesen Erfolgen ging es an die Leinenführung. Das übten wir mit beiden Hunden getrennt voneinander. Der Rückruf wurde geübt. Ich baute Kooperationsübungen ein, Impulstraining stand ganz oben auf der Liste und und und.
Und was kann ich abschließend sagen? Alles war ein voller Erfolg. Selbst ich hatte nicht erwartet, dass wir tatsächlich so schnelle Erfolge erzielen. Wir waren jede Woche erstaunt, was für Fortschritte zusehen waren. Mit Liebe, Geduld, Verständnis, Klarheit und Ernsthaftigkeit haben wir es geschafft, vor allem Willi zu einem souveränen entspannten Hund zu erziehen. Ich bin unfassbar stolz auf die 4!!! Sie haben alles so großartig umgesetzt. Der Wille ernsthaft was zu verändern und wieder gut zu machen, der beim ersten Telefonat zu spüren war, wurde 1:1 und noch besser in die Tat umgesetzt.
Yay!!! Was für eine positive Entwicklung in solch einer kurzen Zeit.
Ich habe alle 4 in mein Herz geschlossen und freue mich riesig, dass sie mir vertraut haben und sie nun entspannt mit beiden Hunden leben können und wissen, was in welchen Situationen zu tun ist.
Danke für diese Erfahrung und dass ich ein Teil eurer Geschichte sein durfte und sie teilen darf 💚
Eure Sandra
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